Im letzten Eintrag ging es darum, dass in einer Welt, in der die Bedürfnisse der Menschen möglichst gut befriedigt und die negativen Erscheinungen unserer sozialen Natur möglichst schwach entstehen, ein oder zwei Tage in der Woche jeder Mensch etwas körperliches arbeiten sollte. Letztlich würde es wohl ein Tag körperliche Arbeit sein und eben ein Tag allgemeinnützliche Arbeit – wobei sich das ja durchaus überschneiden kann.
Allgemeinnützliche Arbeit – Ein Tag in der Woche
Hierbei geht es um Arbeiten, die heute auch sehr oft von ehrenamtlichen Personen geleistet werden aber genauso um z.B. Pflegedienste, lehrende Aufgaben – also um Zeit und Kraft, die man direkt für jemand anderen investiert. Aber warum sollten wir das machen?
Zum einen befriedigt man direkt das in uns evolutionär extrem starke Bedürfnis etwas Sinnvolles zu tun. Viele sind heute auf der Suche nach einem Sinn für ihr Leben. Die Natur spricht dabei aber ohnehin eine deutliche Sprache. Es geht in der Natur nicht primär um die Individuen sondern um die Zusammenhänge, um die Wirkung der Einzelnen aufeinander und das dadurch entstehende Ganze. Deshalb ist das Bedürfnis der Arterhaltung in uns Menschen auch wahnsinnig stark. Dabei geht es nicht darum, dass man jeden der eigenen Art erhält, sondern dass man Menschen schützt und unterstützt, die einem wirklich wichtig sind, z.B. die eigenen Kinder, geliebte Familienmitglieder und Freunde. Wenn wir anderen Menschen helfen, dann stärken wir unsere Art und das ist automatisch ein gutes Gefühl, sofern wir der Meinung sind, die Menschen, denen wir helfen, verdienen unsere Unterstützung. Damit reduzieren wir das in der heutigen Gesellschaft massiv auftretende Phänomen der Sinnkrise.
Anerkennung ist ebenfalls ein starkes menschliches Bedürfnis. Wenn wir anderen Menschen helfen, wird uns relativ oft gedankt. Diese Wertschätzung erhöht unseren Selbstwert – wir fühlen uns einfach besser und wertvoller. Wir tragen etwas für unsere Gesellschaft bei, wir sind auch einmal selbstlos und werden dafür mit sehr schönen Gefühlen belohnt. Wenn jemand wirklich selbstlos und gütig ist, dann bekommt so ein Mensch auch eine andere Ausstrahlung. Jedem ist klar, dass jemand selbstsüchtiger, egoistischer und vielleicht richtig hinterhältiger eine andere Körperhaltung, einen andere Mimik und Gestik hat, als eine Person mit menschlicher Größe. Menschliche Größe misst sich nicht am Ausmaß der Stärke sondern an der Art wie man mit dieser verfährt. Wer sich für die schwächeren einsetzt, der erhöht massiv seinen Selbstwert, wird mit sich selbst wunderbar im Reinen sein und dadurch eine weitaus höhere gefühlte Lebensqualität haben.
Auch dieser Tag dient dazu, dass man die Gefahr untergräbt, dass manche Menschen auf andere herabsehen. Es fehlt heutzutage zu oft an einem gesunden Ausmaß an Demut. Einen wertvollen Menschen, dem jegliche Demut fehlt, gibt es nicht. Die Dankbarkeit existieren zu dürfen; die Dankbarkeit, dass andere, einem wichtige Menschen um einen sind; die Dankbarkeit anderen mit den eigenen Mitteln helfen zu können – wer dies fühlen kann, der besitzt die Grundlage für menschliche Größe. Wer diese besitzt wird nicht auf andere hinabblicken sondern versuchen diese zu stärken. Man muss sich nur eine Gesellschaft vorstellen, in der ein Großteil der Menschen versuchen mit einem Teil ihrer Zeit und Kraft positiv auf andere Menschen zu wirken, ihnen zu helfen – dort wo sie stark sind. Und dafür wird einem natürlich auch geholfen, dort wo man noch ein wenig schwächer ist. Durch die Vernetzung von Fähigkeiten und Energien entstehen erst starke, überlebensfähige und lebenswerte Gesellschaften.
Für die Gesellschaft reduziert sich der sich stark abzeichnende Mangel an Kräften im sozialen Bereich. Zum anderen würde es viel weniger Menschen geben, die soziale Dienste in Anspruch nehmen müssen, da es ein viel gesünderes System ist, in dem viel weniger psychosomatische, psychische und somatische Störungen entstehen. Es gäbe auch ein viel stärkeres Bewusstsein für Krankheiten, Störungen und Gefahren für die Gesundheit – einfach dadurch, dass man ständig (wenn auch nur einen Tag die Woche) mit Menschen in Kontakt ist, die Probleme habe und von denen man auch lernt wie es dazu gekommen ist und wie man sich selbst davor schützen kann. Dadurch hat man automatisch eine hohe präventive Wirkung und muss nicht ständig Menschen reparieren – so wie es heute der Fall ist.
Es gibt weniger menschliche Verarmung und Vereinsamung, wenn man dafür sorgt, dass die verfügbaren Arbeitskräfte in Systeme gefasst werden, die dafür sorgen, dass ungesunde Abkapselungen erkannt und sanft rückentwickelt werden. Generell kann es kaum das Gefühl der Einsamkeit geben, wenn man in einem multidienstlichen Gesellschaftssystem funktioniert, weil man von Haus aus in mehreren menschlichen Gruppen aktiv ist und die Einstellung der Menschen zueinander eine viel respektvollere wäre.
Es wird zudem weniger Burn-out-Fälle im sozialen Bereich geben, weil es ja nicht mehr den einen sozialen Bereich mit seinen fixen Angestellten gibt, sondern ein ganze Gesellschaft den sozialen Bereich bearbeitet. Es ist ja nicht das Problem jemanden zu pflegen. Genauso wenig ist es problematisch oder schädlich körperlich zu arbeiten. Das extreme Ausmaß, die Einseitigkeit ist aber bereits kurz- und mittelfristig verheerend. Dadurch, dass es nur ein Tag in der Woche ist, wird man niemals dazu veranlasst sein eine Woche durchgehend jemand zu pflegen – auch nicht in der eigene Familie, weil es eine Reihe Bezugspersonen gibt, die einem helfen. So kann man sein Leben lang auch in den Bereichen arbeiten, die einen besonders interessieren. So kann es nie zu einer Stresseskalation kommen, die zu einer Kollabierung unseres Innenlebens führt – Burn-out / Depression.
Drei Tage für unseren Beruf / unsere Berufung
Drei Tage, die wir dann mit Leidenschaft unserem Beruf nachgehen können. Durch die Pausen entsteht ein gesunder Abstand zu den Aufgaben im Beruf. Diesen sollten wir nach unseren Interessen und natürlich auch in Anbetracht des Nutzens für andere wählen – weil uns wohl sonst keiner für unsere Leistung bezahlen wird. Wobei durchaus zu beachten ist, wenn man wirklich eine Leidenschaft für etwas hat und dadurch ja auch gerne hart an sich arbeitet um darin besser zu werden, dann wird man mittelfristig so gut, dass man Abnehmer für seine Leistungen findet.
Wenn man nicht jeden Tag mit dem Kopf in der gleichen Arbeit steckt, bleibt man länger hungrig und interessiert. Manche glauben, dass man mit weniger Zeit automatisch weniger leistet. Das würde aber nur gelten, wenn der Mensch gleichmäßig die gleiche Leistungsmenge und -qualität produzieren würde. Das können wir aber nicht. Durch Gewöhnung, Langeweile, Konzentrationsabfall, einseitige Überlastungen, etc. reduziert sich die Leistungsfähigkeit zusehends, wenn man zu viel an einer Sache dran ist. Durch die Abstände durch die körperliche Arbeit und die allgemeinnützliche Arbeit ist die Leistungsfähigkeit, wenn man in seinem Beruf ist, schlicht höher. Man ist ja nicht so lange weg, dass man sich immer wieder neu einarbeiten müsste.
Abwechslung hält uns beweglich und stark – sowohl Körper als auch Geist. Manche meine sicher, dass man dann zu wenig Zeit hat um Geld zu verdienen. Man darf aber nicht vergessen, dass durch die zwei Tage, die wir ja in Aufgaben investieren, die für gewöhnlich über Steuergelder finanziert sind, die Steuerausgaben zum Großteil einfach entfallen und damit die Steuerbelastungen massiv wegfallen. Man leitet quasi das, was man sich normaler Weise teuer erkauft – plus der zahlreichen Vorteile, die sich daraus noch ergeben, wie hier vorgestellt wurde.